Gründung
Empfehlung der Redaktion
  • Für Selbstständige, Startups und KMUs
  • Kostenlose Mastercard mit Business Classic Versicherungspaket
  • SEPA-Lastschriften (Zahlungen + Einzüge)

Die Haftung in der Aktiengesellschaft (AG)

Eine Aktiengesellschaft (AG) ist eine Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Laut Aktiengesetz haftet eine AG als juristische Person für Verbindlichkeiten ausschließlich mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Hierzu gehören das Grundkapital, Kapital- und Gewinnrücklagen, Sachwerte und immaterielle Rechte der Gesellschaft wie beispielsweise Patente oder Markenrechte. Die Mindesthöhe des Grundkapitals einer AG ist mit 50.000 Euro gesetzlich vorgeschrieben, es bildet die Grundlage der AG-Haftung.
von Charlotte Ruzanski
Haftung AG, Verbindlichkeiten der Gesellschaft
Die Haftung in der Aktiengesellschaft wird über das Aktiengesetz (AktG) geregelt.Foto: Daenin Arnee / iStock

Definition der Haftung der Aktiengesellschaft

Sobald eine Aktiengesellschaft ins Handelsregister eingetragen wurde und ihre Gründung damit abgeschlossen ist, ist die AG haftungsbeschränkt. Die Haftung der AG ist dann auf das Vermögen der Gesellschaft begrenzt. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt die persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber Gläubigern und somit auch mit ihrem Privatvermögen. In der Regel handelt es sich dabei um die Gründer, die auch die ersten Aktionäre der Gesellschaft sind.

Unterschiedliche Formen der Aktiengesellschaft-Haftung

Auch nach dem Abschluss der Gründung ist jedoch zwischen verschiedenen Formen der AG-Haftung zu unterscheiden. Das Aktiengesetz sieht bei der AG-Haftung unterschiedliche Regelungen für die Aktionäre, den Vorstand und den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft vor.

Aktiengesellschaft-Haftung – die Aktionäre

Die Aktionäre einer AG haften für Verbindlichkeiten grundsätzlich nur mit dem Wert der Aktien, die sich in ihrem Besitz befinden. Ein Zugriff auf das Privatvermögen der AG-Gesellschafter ist im Haftungsfall gesetzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme bildet die sogenannte Durchgriffshaftung, bei der es zu einer Aufhebung der Trennung von Gesellschafts- und Privatvermögen kommen kann.

Durchgriffshaftung bei Gesetzesverstößen der AG-Gesellschafter

Die Entscheidung, ob eine Durchgriffshaftung vorliegt, kann nur durch ein Gericht getroffen werden. Gegeben ist sie beispielsweise bei einer unzulässigen Vermischung von Gesellschafter- und Gesellschaftsvermögen, einem Missbrauch der Rechtsform oder der Missachtung der gesetzlichen Schutzvorschriften für das Einbringen und den Erhalt des Haftungskapitals der Aktiengesellschaft. Eine solche Missachtung ist immer dann gegeben, wenn ein Aktionär die von ihm gehaltenen Aktien nicht oder nicht vollständig bezahlt.

Haftung AG – der Vorstand

Der Vorstand einer AG agiert unabhängig und ist in seiner Geschäftsführungstätigkeit nicht an Weisungen des Aufsichtsrates oder der Hauptversammlung der Aktionäre gebunden. Gleichzeitig unterliegt er dabei jedoch gesetzlich definierten Haftungsregelungen. Die Grundlage dafür bildet die Sorgfaltspflicht des Vorstands. Haftungsansprüche gegenüber dem Vorstand werden durch den Aufsichtsrat geltend gemacht und durchgesetzt.

AG-Vorstand – Haftung und Sorgfaltspflicht

Die Sorgfaltspflicht des Vorstands gilt für die individuellen Vorstandsmitglieder und das Gesamtorgan. Laut Aktiengesetz sind die Mitglieder des Vorstands einer AG dazu verpflichtet, ihre Tätigkeit mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters auszuüben.

Der Vorstand einer AG wirtschaftet nicht mit seinen eigenen Finanzmitteln, sondern mit dem Kapital der Gesellschaft und der Aktionäre. Die Sorgfaltspflicht und die Vorstandshaftung der AG dienen vor allem dem Schutz der Gesellschaftereinlagen und damit des Gesellschaftskapitals. AG-Vorstände müssen daher strikt dem Prinzip des Unternehmenswohles folgen, Schaden für die Aktiengesellschaft vermeiden und die Vorteile des Unternehmens im Blick behalten.

Jedoch erstreckt sich die Haftung des Vorstands der AG nicht auf eine fehlerhafte Geschäftsführung. Ein Haftungsanspruch ist nur bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht gegeben. Grundsätzlich muss der Vorstand einer AG genügend unternehmerischen Spielraum haben, um auch risikoreiche unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Das Aktiengesetz trägt dieser Anforderung seit 2005 durch die sogenannte Business Judgement Rule Rechnung.

Business Judgement Rule – mehr Handlungsfreiheit für Vorstand und Aufsichtsrat

Die Business Judgement Rule gilt sowohl für den Vorstand als auch für den Aufsichtsrat einer AG. Sie sieht vor, dass riskante unternehmerische Entscheidungen nicht automatisch als Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht bewertet werden können, woraus Haftungsansprüche resultieren würden.

Das Gleiche gilt für Entscheidungen über Geschäftsführungsmaßnahmen, die aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung getroffen wurden. Die Initiative für eine solche Entscheidungsfindung geht vom Vorstand aus – er überträgt sein Entscheidungsrecht damit an die Aktionäre. Als Konsequenz daraus haften AG-Vorstände für eine Entscheidung der Hauptversammlung nicht.

Strafrechtliche Haftung Vorstand AG

Bei Vorliegen von Straftatbeständen kommt neben der finanziellen Haftung auch eine strafrechtliche AG-Vorstandshaftung in Frage. Auch für die Durchsetzung strafrechtlicher Haftungsansprüche gegenüber dem Vorstand steht der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft in der Pflicht.

Aktiengesellschaft-Haftung – der Aufsichtsrat

Zu den AG-Haftungen gehört außerdem die Haftungspflicht des Aufsichtsrates. Die Verantwortung für die Durchsetzung von Haftungsansprüchen gegenüber dem Aufsichtsrat trägt der Vorstand der Aktiengesellschaft.

Ebenso wie der Vorstand der AG unterliegt auch der Aufsichtsrat der Sorgfaltspflicht und ist somit zu einer ordentlichen und sorgfältigen Ausübung seiner Tätigkeit verpflichtet. Die Aufgabe des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft besteht darin, die Geschäftsführung durch den Vorstand zu überwachen und beratend zu begleiten. Zwischen dem AG-Vorstand und dem Aufsichtsrat gilt das Vertrauensprinzip. Es geht davon aus, dass der Aufsichtsrat den durch den Vorstand übermittelten Informationen zur Geschäftstätigkeit und zur Situation der Firma Glauben schenken darf. Der Aufsichtsrat ist nicht verpflichtet, hierzu eigene Informationen einzuholen.

Der Aufsichtsrat einer AG haftet gegenüber der Gesellschaft, den Aktionären sowie gegen Dritten, die von möglichen Pflichtverletzungen seiner Mitglieder betroffen sind. Hier ist zwischen der Innenhaftung und der Außenhaftung des Aufsichtsrates zu unterscheiden.

Innenhaftung des Aufsichtsrates

Die Innenhaftung des Aufsichtsrates bezieht sich auf finanzielle Schäden, die der Aktiengesellschaft durch Verschulden des Aufsichtsrates entstanden sind. Pflichtverletzungen, die zu solchen Haftungsansprüchen führen, sind insbesondere Verstöße gegen die Treuepflicht sowie die Überwachungspflicht des Aufsichtsrates. Verletzungen der Überwachungspflicht betreffen beispielsweise die folgenden Punkte:

  • Der Aufsichtsrat kontrolliert nicht, ob die Finanzierung der Aktiengesellschaft sichergestellt ist.
  • Er nimmt des Prüfbericht des Jahresabschlusses durch den Wirtschaftsprüfer nicht zur Kenntnis.
  • Er geht nicht gegen rechtswidrige Handlungen des Vorstandes wie beispielsweise Kartellabsprachen oder Insolvenzverschleppung vor.
  • Mitglieder des Aufsichtsrates verstoßen gegen die Treuepflicht, indem sie gleichzeitig für Wettbewerber tätig werden oder geschäftliche Möglichkeiten wahrnehmen, von denen sie durch ihre Mitgliedschaft im Aufsichtsrat erfahren haben. Für Vorstände einer AG gelten die gleichen Regelungen.

Eine Pflichtverletzung allein begründet keinen Haftungsanspruch. Dieser ergibt sich erst aus einer schuldhaften Handlung, durch die aufgrund von Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht ein Schaden entstanden ist. Bei falschen unternehmerischen Entscheidungen kann der AG-Aufsichtsrat nicht haftbar gemacht werden, wenn diese zum Wohl der Gesellschaft und auf der Basis angemessener Informationen getroffen wurden.

Außenhaftung gegenüber Dritten

Die Außenhaftung des Aufsichtsrates greift, wenn Dritten durch schuldhafte Handlungen von Aufsichtsratsmitgliedern ein Schaden entstanden ist. Dabei kann es sich um Aktionäre der Gesellschaft, Arbeitnehmer, Geschäftspartner, aber auch um Personen oder Firmen handeln, die in keinem Kontakt zum Unternehmen stehen. In der Praxis spielt die Außenhaftung des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft nur eine untergeordnete Rolle, da das operative Geschäft und damit auch Beziehungen zu dritten Parteien vor allem im Zuständigkeitsbereich des Vorstands liegen. Für Mitglieder des Aufsichtsrats ist sie vor allem im Hinblick auf Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften von Bedeutung. Beispiele dafür sind Untreue, Betrug oder die bewusste Übermittlung falscher Informationen an den Kapitalmarkt.

Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung von Vorstand und Aufsichtsrat

Eine Aktiengesellschaft kann verschiedene Maßnahmen zur Beschränkung der Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat treffen. Für die Innenhaftung gibt es dafür die folgenden Möglichkeiten:

  • Billigung risikoreicher Entscheidungen durch die Aktionäre und einen entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung.
  • Vereinbarungen zwischen Aktionären und Vorstand oder Aufsichtsrat zur Begrenzung von Haftungsansprüchen. Allerdings ist diese Variante der Haftungsbeschränkung nicht hundertprozentig rechtssicher, da der Gläubigerschutz hierdurch nicht beschnitten werden darf.
  • Verzicht der Aktionäre auf einen vorhandenen Haftungsanspruch. Ein solcher Verzicht ist durch einen Beschluss der Hauptversammlung erstmals drei Jahre nach dem Entstehen des Haftungsanspruchs möglich. Der Gesetzgeber will damit sicherstellen, dass der Beschluss darüber erst dann erfolgt, wenn die Aktionäre das gesamte Ausmaß des entstandenen Schadens kennen.

In der Außenhaftung kann eine Aktiengesellschaft Vorstände oder Aufsichtsratsmitglieder von Haftungsansprüchen Dritter entlasten, indem das Unternehmen die Entschädigungszahlungen übernimmt. Allerdings greift die sogenannte Freistellung nicht in allen Fällen. Unter anderem ist sie bei Geldstrafen und Insolvenzen ausgeschlossen.

Häufig gestellte Fragen – FAQ

Aktionäre sind dazu verpflichtet, die von ihnen gezeichneten Aktien vollständig und fristgerecht zu bezahlen. Wenn diese nicht geschieht, ist der Vorstand der AG dafür verantwortlich, die Bezahlung unter Setzung gesetzlich vorgeschriebener Fristen und Nachfristen anzumahnen und die Zahlungsaufforderungen jeweils in den Gesellschaftsblättern zu publizieren.

Falls auch dann die Bezahlung nicht erfolgt, wird die sogenannte Kaduzierung– der Ausschluss des betreffenden Aktionärs aus der Gesellschaft – vorgenommen. Der Aktionär verliert hierdurch bereits gezahlte Einlagen und sein Besitzrecht an den gezeichneten Aktien, die wieder frei verfügbar sind. Seine Haftung gegenüber der Gesellschaft für den ausstehenden Betrag wird hierdurch jedoch nicht aufgehoben. Eine Kaduzierung kann auf dem Gerichtsweg oder durch eine außergerichtliche Kraftloserklärung durch die Aktiengesellschaft erfolgen.

Aktionäre können Haftungsansprüche gegenüber der Gesellschaft entweder als direkte Ersatzansprüche oder durch das Einleiten einer Sonderprüfung geltend machen. Durch eine Sonderprüfung werden konkrete geschäftliche Vorgänge aus der Vergangenheit überprüft – sie kann sich gegen Mitglieder des AG-Vorstandes oder des Aufsichtsrates richten.

Um eine Sonderprüfung einzuleiten, gibt es zwei unterschiedliche Wege. Die Hauptversammlung kann mit einfacher Mehrheit einen Beschluss darüber fassen. Alternativ beantragt eine Gruppe von Minderheitsaktionären eine gerichtliche Anordnung der Prüfung – Voraussetzung dafür ist, dass diese Aktionäre zusammen mindestens 1 % oder 100.000 Euro am Grundkapital der Aktiengesellschaft halten. Um direkte Schadenersatzansprüche gegenüber dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat geltend zu machen, ist ein Beschluss der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit nötig.

Die Haftungsbeschränkung der AG setzt mit dem Eintrag der Gesellschaft ins Handelsregister ein. Ab dann ist die AG haftungsbeschränkt und haftet ausschließlich mit dem Vermögen der Gesellschaft. In der Gründungsphase können die Gesellschafter dagegen auch mit ihrem persönlichen Vermögen haftbar gemacht werden.

Jedoch ist die Gesellschaftshaftung nicht mit einer möglichen Haftung von Mitgliedern des Vorstands oder des Aufsichtsrats identisch. Vorstände und Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft unterliegen der persönlichen Haftung, wenn sie durch Verletzungen ihrer Sorgfaltspflicht im Innenverhältnis oder gegenüber Dritten einen Schaden verursacht haben.

Über die Autorin
Charlotte Ruzanski
Charlotte Ruzanski hat nach ihrem Bachelor-Studium der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft / Skandinavistik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau im Sommersemester 2013 ihren Master der allgemeinen Sprachwissenschaft abgeschlossen. Seit Oktober 2013 ist sie Teil der Redaktion der qmedia GmbH.